Dienstag, 5. August 2014
Berliner Zeitung über das Buch “Altes Handwerk”
Susanne Lenz bespricht heute in der Berliner Zeitung auf einer ganzen Seite mein Buch "Altes Handwerk".
"Es erfüllt einen mit Wehmut, dieses Buch. Weil es von einer Arbeitswelt erzählt, die unwiederbringlich untergegangen ist aber auch, weil die Bilder eine Ruhe ausstrahlen, und die Menschen eine Hingabe und ein Selbstbewusstsein. Das sind Stimmungen, Haltungen, die in der heutigen Arbeitswelt des Multitasking, der Bildschirmarbeit selten geworden sind."
Mittwoch, 13. November 2013
Mit dem Verschwinden ist es so eine Sache. Es geht hier tatsächlich um bestimmte handwerkliche Tätigkeiten und Berufe, die es in der Folge von Industrialisierung und neuen Technologien nicht mehr gibt oder die sich so stark verändert haben, dass sie als solche kaum mehr erkennbar sind. Bestimmte Leistungen und Produkte werden anders hergestellt oder verschwinden ganz und mit ihnen manchmal auch die entsprechende Arbeit.
Der Reiz des Buches
Zu sehen sind 150 Schwarz-Weiß-Fotografien. Die frühesten Fotos sind um 1900 gemacht worden. Andere aber stammen aus den 80er Jahren. Da hat ein Fotograf in halbwegs abgelegenen Teilen Bayerns und Baden-Württembergs Menschen aufgesucht, die ihre Arbeit noch so verrichten wie ihre Vorgänger vor einhundert Jahren. In diesen Fällen handelt es sich um einen Küfer oder auch Böttcher genannten Handwerker, der z.B. Fässer herstellt und das noch so macht wie seine Vorfahren sowie um einen Bürsten- und Besenbinder und einen Korbmacher. Und das macht dann auch gleich den Reiz des Buches aus: Bei einigen Aufnahmen muss man genau auf die Jahreszahl achten. Es gibt noch Handwerker, die ganz traditionell arbeiten und deren Werkstätten und Werkzeuge sich nicht so sehr von früheren unterscheiden. Und es gibt eben auch andere Handwerke, die gänzlich verschwunden sind, wo die Fotos dann von einer verschwundenen Arbeitswelt erzählen.
Von Bällen und Wäsche
Ein schönes Beispiel: die Bildserie zum Thema "Wie ein Fußball entsteht", fotografiert in der Fußballfabrik Otto Reichenberg in Berlin, 1931. Da werden erst die Ledersegmente geschnitten, von Hand zusammengenäht, sodann herumgedreht, gefüllt und geprüft. In langer Reihe sitzen Männer an Tischen und bewerkstelligen dies in Handarbeit mit einigen markanten Werkzeugen. Heute werden vermutlich die meisten Bälle in China auf ganz andere Weise hergestellt. Will man aber einen handgenähten Ball kaufen, geht das zum entsprechenden Preis sicher immer noch. Dann sieht es in der Werkstatt vermutlich ein bisschen so ähnlich aus wie 1931. Ein anderes Beispiel, und das ist nun wirklich verschwunden: Wäschewaschen. In Berlin- Köpenick gab es wegen des weichen Wasser schon seit 1900 viele Wäschereien, die für halb Berlin Wäsche gewaschen haben. Unglaublich viele Frauen haben in großen Holztrögen mit Hand Wäsche geschrubbt. Auch noch in den 1950er Jahren wurden in der Genossenschaftswäscherei Köpenick die Wäsche von ca. 150 Ostberliner Betrieben gewaschen und aufgehängt. Da gibt es ein wunderschönes Foto, das auf einer ziemlich großen Wiese hunderte von Wäscheleinen voller Wäsche zeigt: weiße Arbeitshemden, Handtücher, Schürzen usw. Und Frauen, die aufhängen, abhängen, zusammenlegen. Das läuft heute im gewerblichen Bereich gänzlich anders.
Mein Lieblingsbild
Die meisten Bilder fand die Publizistin Michaela Vieser bei der Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte. Das sind sowohl Fotos von unbekannten Zeitzeugen wie auch von damals bedeutenden Fotografen, wie z. B. Willy Römer oder Friedrich Seidenstücker oder aus der späteren Generation von Roland Bauer. Das alles scheint ein riesiger Fundus zu sein, aus dem sie schöpfen konnte. Sortiert ist das Ganze nach einem sehr einfachen Prinzip: DRINNEN und DRAUßEN. Das ist schlüssig, die Fotografien sprechen ohnehin für sich selbst. Sie eröffnen einen faszinierenden Kosmos von nicht entfremdet arbeitenden Menschen, die nicht selten schöne oder nützliche Dinge herstellen. Mein Lieblingsbild: 1925 - Der Blick in die Spielwarenfachschule in Seiffen, in der junge Menschen ganz zauberhafte Weihnachtspyramiden bauen.
Danuta Görnandt, kulturradio
Altes Handwerk – Rezension Kulturradio
Mit dem Verschwinden ist es so eine Sache. Es geht hier tatsächlich um bestimmte handwerkliche Tätigkeiten und Berufe, die es in der Folge von Industrialisierung und neuen Technologien nicht mehr gibt oder die sich so stark verändert haben, dass sie als solche kaum mehr erkennbar sind. Bestimmte Leistungen und Produkte werden anders hergestellt oder verschwinden ganz und mit ihnen manchmal auch die entsprechende Arbeit.
Der Reiz des Buches
Zu sehen sind 150 Schwarz-Weiß-Fotografien. Die frühesten Fotos sind um 1900 gemacht worden. Andere aber stammen aus den 80er Jahren. Da hat ein Fotograf in halbwegs abgelegenen Teilen Bayerns und Baden-Württembergs Menschen aufgesucht, die ihre Arbeit noch so verrichten wie ihre Vorgänger vor einhundert Jahren. In diesen Fällen handelt es sich um einen Küfer oder auch Böttcher genannten Handwerker, der z.B. Fässer herstellt und das noch so macht wie seine Vorfahren sowie um einen Bürsten- und Besenbinder und einen Korbmacher. Und das macht dann auch gleich den Reiz des Buches aus: Bei einigen Aufnahmen muss man genau auf die Jahreszahl achten. Es gibt noch Handwerker, die ganz traditionell arbeiten und deren Werkstätten und Werkzeuge sich nicht so sehr von früheren unterscheiden. Und es gibt eben auch andere Handwerke, die gänzlich verschwunden sind, wo die Fotos dann von einer verschwundenen Arbeitswelt erzählen.
Von Bällen und Wäsche
Ein schönes Beispiel: die Bildserie zum Thema "Wie ein Fußball entsteht", fotografiert in der Fußballfabrik Otto Reichenberg in Berlin, 1931. Da werden erst die Ledersegmente geschnitten, von Hand zusammengenäht, sodann herumgedreht, gefüllt und geprüft. In langer Reihe sitzen Männer an Tischen und bewerkstelligen dies in Handarbeit mit einigen markanten Werkzeugen. Heute werden vermutlich die meisten Bälle in China auf ganz andere Weise hergestellt. Will man aber einen handgenähten Ball kaufen, geht das zum entsprechenden Preis sicher immer noch. Dann sieht es in der Werkstatt vermutlich ein bisschen so ähnlich aus wie 1931. Ein anderes Beispiel, und das ist nun wirklich verschwunden: Wäschewaschen. In Berlin- Köpenick gab es wegen des weichen Wasser schon seit 1900 viele Wäschereien, die für halb Berlin Wäsche gewaschen haben. Unglaublich viele Frauen haben in großen Holztrögen mit Hand Wäsche geschrubbt. Auch noch in den 1950er Jahren wurden in der Genossenschaftswäscherei Köpenick die Wäsche von ca. 150 Ostberliner Betrieben gewaschen und aufgehängt. Da gibt es ein wunderschönes Foto, das auf einer ziemlich großen Wiese hunderte von Wäscheleinen voller Wäsche zeigt: weiße Arbeitshemden, Handtücher, Schürzen usw. Und Frauen, die aufhängen, abhängen, zusammenlegen. Das läuft heute im gewerblichen Bereich gänzlich anders.
Mein Lieblingsbild
Die meisten Bilder fand die Publizistin Michaela Vieser bei der Bildagentur für Kunst, Kultur und Geschichte. Das sind sowohl Fotos von unbekannten Zeitzeugen wie auch von damals bedeutenden Fotografen, wie z. B. Willy Römer oder Friedrich Seidenstücker oder aus der späteren Generation von Roland Bauer. Das alles scheint ein riesiger Fundus zu sein, aus dem sie schöpfen konnte. Sortiert ist das Ganze nach einem sehr einfachen Prinzip: DRINNEN und DRAUßEN. Das ist schlüssig, die Fotografien sprechen ohnehin für sich selbst. Sie eröffnen einen faszinierenden Kosmos von nicht entfremdet arbeitenden Menschen, die nicht selten schöne oder nützliche Dinge herstellen. Mein Lieblingsbild: 1925 - Der Blick in die Spielwarenfachschule in Seiffen, in der junge Menschen ganz zauberhafte Weihnachtspyramiden bauen.
Danuta Görnandt, kulturradio